Große Liebe trifft auf kulturelles Erbe – mit zunächst ungewissem Ausgang
Inhaltsangabe
Die Welten, aus denen sie kommen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Maja ist in Ostdeutschland aufgewachsen, Eitan ist Israeli und trägt das Erbe jüdischer Holocaust-Überlebenden in sich. Die beiden verlieben sich in Indien ineinander: Nach einiger Zeit Fernbeziehung zieht Eitan nach Deutschland, doch er kommt nicht richtig in der deutschen Gesellschaft an und geht zurück in seine Heimat. Nach einer kurzen Trennung beschließt Maja, zu ihm nach Israel zu ziehen. Beide wollen es gemeinsam schaffen, doch um eine Familie zu gründen, muss Maja zum Judentum konvertieren – und sich in Tel Aviv wohlfühlen.
Die Weltgeschichte und die kulturellen Unterschiede lasten auf der großen Liebe. Werden sie es schaffen?
Mehrwert
Die Handlung ist raffiniert aufgebaut: Die Leserin erfährt zu Beginn, dass die Liebe der beiden Protagonisten zueinander im Zentrum steht. Im Anschluss werden jedoch zunächst kapitelweise abwechselnd die Familiengeschichten erzählt, die sich gefühlt Planeten voneinander entfernt abspielen. Majas Eltern sind geprägt von der Wiedervereinigung Deutschlands und ihren Folgen. Es mangelt an der Offenheit für andere Kulturen. Eitans Vorfahren sind Opfer von Vertreibung – sowohl aus Deutschland im Zweiten Weltkrieg als auch aus dem Irak. Erst durch Majas und Eitans Begegnung im indischen Goa verweben sich die beiden Familiengeschichten miteinander.
Sehr realitätsnah werden die Schwierigkeiten dargestellt, die sich für das Paar im Alltag zeigen und die es mit fortschreitender Zeit immer mehr daran zweifeln lassen, ob die Beziehung in eine für beide Partner glückliche Ehe führen kann.
Eindrucksvoll schildert die Autorin, welche Voraussetzungen für den Übertritt ins Judentum notwendig sind, und lässt an Majas Hadern deutlich werden, wie komplex die Thematik ist.
Fazit
Überzeugend gelingt es der Autorin Katharina Höftmann Ciobotaru, den Leser in die kulturelle Vielfalt der beiden Familien eintauchen zu lassen. Die historischen Gegebenheiten sowie das Leiden an den Folgen für alle Romanfiguren können sehr gut nachvollzogen werden.
Wichtig ist vor allem, dass die Probleme einer deutsch-israelischen Partnerschaft überhaupt einmal zur Sprache gebracht werden. Das ist meines Wissens ein bislang eher wenig beachtetes Thema in der deutschsprachigen Literatur.
Sprachlich habe ich persönlich keine richtige Nähe zu den Hauptfiguren aufbauen können. Das bleibt als Wermutstropfen zurück. Doch gleichzeitig mutet diese Distanziertheit und in gewisser Weise auch Abgeklärtheit sehr realistisch an. Eine romantische Gefühlswelt hat trotz der großen Liebe zwischen den beiden angesichts der Fülle der Herausforderungen kaum Platz. So kann es eben auch im „echten Leben“ sein.
Umso überraschender ist das Ende des Romans, das hier allerdings nicht vorweggenommen werden soll.
Für Leser, die sich wie ich gern mit internationaler Geschichte und kultureller Vielfalt beschäftigen, ist das Buch eine Bereicherung. Nur auf die ganz großen Gefühle und eine hohe emotionale Involviertheit muss man – zumindest meinem Empfinden nach – verzichten.
Angaben zum Buch
Katharina Höftmann Ciobotaru: Alef, ecco Verlag 2021, 416 Seiten.
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